Marbach-Projekt

Zur Erinnerung: Ende 2007 wurde ein gemeinsames Projekt des Landgestüts Marbach mit Fritz Stahlecker gestartet. Zwei Gruppen von jungen Pferden wurden zur Verfügung gestellt, die eine sollte nach der traditionellen im Gestüt üblichen Methode ausgebildet werden, die andere sollte von Fritz Stahlecker mit Mitarbeitern des Gestüts nach seiner Hand-Sattel-Hand-Methode trainiert werden. Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt von Studierenden der Fachhochschule Nürtingen.

Der Ausgang ist hinlänglich bekannt. Ein Teil der Artikel und Kommentare zur Marbacher Auktion sind hier noch einmal zum Nachlesen zusammengestellt.

Dilemma: Was wird aus den „Stahlecker-Pferden“ ?

Nein, es war nicht der Wunsch von Fritz Stahlecker, die Pferde, die jetzt gerade  – aus vielen Gründen später als normalerweise bei der HSH-Ausbildung üblich – vorsichtig angeritten werden, wieder der Öffentlichkeit in einem kurzen Ausschnitt zu präsentieren. Und für ganz und gar verkehrt hält er den Zeitpunkt, zu dem diese Pferde nun auf der Auktion versteigert werden sollen. Was in diesen Pferden steckt, ist nicht mit „einmal Ausprobieren“ zu erkennen, hätte durch behutsame weitere Ausbildung noch weit gefördert und gefestigt werden können – jetzt wird diese sorgsame Ausbildung gezwungenermaßen  abgebrochen und das Erarbeitete gerät in Gefahr, verloren zu gehen. 14 Monate lang hat Fritz Stahlecker in Marbach, 3 Tage in der Woche, ohne jedes Honorar,  allen Widrigkeiten und Anfeindungen zum Trotz, verbracht – die Pferde sind ihm ans Herz gewachsen – und doch wundert sich das Reiterjournal, wer denn „Saatgut kaufen wolle, wenn man andererseits schon ernten kann“. Dazu wäre viel zu sagen …Trotzdem seien der Artikel (Geistige_Ueberdachung) und die Seite über die Auktion (Marbach Auktion) hier zum Nachlesen verfügbar gemacht, gleichzeitig aber auch Fritz Stahleckers zusammenfassendes Grundsatzpapier auf der Seite Veröffentlichungen (Februar 2009) bzw. Stahlecker Notizen.

Das Marbach-Projekt in den Medien

Viel ist geschrieben worden, anlässlich der Marbacher Auktion. Man kann nur hoffen, im Sinne der Pferde, dass die Schlagzeile des St. Georg „Deutschland diskutiert, Stahlecker contra klassisch – Weg oder Irrweg“ das Prädikat „nachhaltig“ erhält. Zum Nachlesen hier im Einzelnen:
St. Georg: StG 04.09 Bericht;
Reiterrevue: RR 04.09 Bericht;
Reiterjournal: RJ 04.09 Bericht;  hier noch verschiedene Artikel unter RJ 04.09 Auktion; RJ 04.09 Kauf.

Das Marbach-Projekt im PM-Forum

Das Marbach-Projekt wurde den PM-Mitgliedern im Februar vorgestellt. Darüber wurde im PM Forum berichtet und ein Kommentar von Christoph Hess veröffentlicht (Hess – Forschungsprojekt Remontenausbildung in Marbach).

Erste Meldung von der Auktion in Marbach

9. März 2009      „Marbacher Gestütsauktion endet mit deutlich höherem Schnitt“
Vor allem dank der besseren Erlöse für gut ausgebildete Dreijährige kletterte der Durchschnittspreis der am 7. März über die Marbacher Gestütsauktion verkauften 23 Reitpferde vom Vorjahresstand 9.913 Euro auf 13.010 Euro in 2009. Das ist ein Anstieg um 3.097 Euro. Im Jahr 2007 hatte der Durchschnittspreis 10.665 Euro betragen, im Jahr davor 7.569 Euro.
Teuerstes Pferd wurde 2009 mit 45.000 Euro ein dreijähriges Dressurtalent vom De-Niro-Sohn Daramis aus einer Mutter von Metteur/Gardez, das sich Familie Eberwein aus Kelkheim im Taunus sicherte. Vier Pferde kosteten über 20.000 Euro.
Die Preissteigerung trotz der Wirtschaftskrise überraschte.
Überraschend niedrig blieben hingegen die Preise der nach der „Hand-Sattel-Hand-Methode“ von Fritz Stahlecker ausgebildeten fünf Vierjährigen.
„Die Hand-Sattel-Hand-Methode ist keine ideale Art, Pferde auf eine Auktion vorzubereiten und sie dort zu verkaufen. Das habe ich heute erleben müssen“, bekannte Fritz Stahlecker danach. Er hatte sich schon im Vorhinein gegen einen Verkauf der im Rahmen eines wissenschaftlichen Projektes ausgebildeten Pferde über eine Auktion ausgesprochen.“
Soweit zunächst die Kurzmeldung in der Presse.

Marbach-Projekt – Kommentar von Fritz Stahlecker

9. März 2009: Fritz Stahlecker: Zur Auktion in Marbach 2009
Die Auktion, so wie sie heute praktiziert wird,– kann nicht der Maßstab der Grundausbildung sein. Den Käufern geht  es darum, die züchterische Qualität, besonders das Bewegungspotential eines Pferdes zu erkennen. Es soll zeigen, wie groß es traben kann, dass alle drei Grundgangarten überdurchschnittlich sind. Bezahlt wird die Überdurchschnittlichkeit. Dass die Verkäufer alles tun, diese zu demonstrieren, ist nur verständlich. Leider geht dabei die Pferdegerechtigkeit leicht verloren.
Manche Pferde zeigen in der Aufgewühltheit der Auktion den Trab ihres Lebens. Mir geht dies „gegen den Strich“. Ich habe daher von Anfang an dafür plädiert, die HS-Pferde nicht über die Auktion zu verkaufen – leider vergeblich.
Gemäß meiner Vorstellung soll die Remonte unter dem Reiter während einiger Monate nur einen kleinen Trab gehen – ich nenne ihn „Zigeunertrab“. So findet das junge Pferd. ohne sich zu verspannen. am besten das „neue Gleichgewicht“ unter dem Reiter – und danach als Folge die leichte Anlehnung an die Reiterhand. Ich verbiete in dieser so wichtigen Phase der Ausbildung meinen Schülern das Zulegen zum Mitteltrab. Verstärkungen darf es nur ganz im Kleinen  – kaum erkennbar für den Zuschauer  – geben. Zuerst muss die Losgelassenheit „in kleiner Flamme“ gut abgesichert werden. Erst wenn die „kleine Flamme“ wirklich stimmt, darf der Reiter daran denken, sie dann und wann zu vergrößern. So gelingt es am besten später auch in der Verstärkung den Takt zu bewahren.
Für HSH-Pferde ist das Auktionsgeschehen somit kontraproduktiv. Ihre Ausbilder sollen von ihren Pferden genau das verlangen, was seither strikt tabu war! Dies kann mit dem besten Willen nicht gut gehen!
Wie soll denn im Hexenkessel einer Auktion das durch Handarbeit gewonnene Körperbewusstsein des jungen Pferdes erkennbar werden? Nein, dieses kann naturgemäß erst später auf dem Turnierplatz zur Geltung kommen. Dann erst wird das Körperbewusstsein zum entscheidenden Plus!
Setzt doch die losgelassene Ausführung der höheren Lektionen voraus, dass das Pferd diese, ohne vorher heiß gemacht zu werden, auf unser Verlangen willentlich abrufen kann – und dies jederzeit! Auf der Weide passagiert das Pferd, von seinen Instinkten kommandiert, in psychischer Übererregung. Reitkunst ist aber gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie dieser nicht bedarf! Schon auf der Koppel sind unsere Pferde schön. Zur vollen Entfaltung kommt ihre Schönheit aber erst durch den Reiter. So und nicht anders soll Reitkunst sein! Légèreté heißt Losgelassenheit der Psyche.
Zu Beginn der Versteigerung gab es Beifall für ein ehemaliges Spitzenauktionspferd. Eine Zuschauerin neben mir hielt sich zurück. Sie gehörte zu den wenigen, die erkannten, dass leider das Wichtigste fehlte. Das imposante Pferd war weit davon entfernt, die Hand der Reiterin zu suchen. Es wehrte sich gegen diese. Zu erkennen war eindeutig die unglückliche Frühprägung. Die Erinnerung an die Turbulenz der eigenen Auktion erwachte. Für mich war dieses Pferd wieder das Exempel der unheilvollen Seite unserer heutigen Auktionspraxis. Ich hoffe, nein ich glaube daran, dass eine zukünftige Züchtergeneration ihre Pferde nicht nur gezielt paaren, sondern auch gezielt verkaufen wird. Die Suche nach dem passenden Käufer wird mehr und mehr Teil der verantwortungsbewussten Arbeit des Pferdezüchters sein.

Wir haben keine andere Wahl: Wir müssen Schritt um Schritt zur Ethik der Ehrfurcht vor allem Leben finden, um glücklich zu überleben. Dies gilt für alle Gebiete unseres täglichen Lebens. Unseren frühen Vorfahren waren die Pferde heilig. Sie ahnten, was Leben bedeutet.
Die Pferdeszene spiegelt nur den Zustand unserer Gesellschaft wider. Der geistige Umbruch ist ein Muss Wir sind gerufen, Vorreiter zu sein.