Häufige Fragen

Stichwort Piaffe

Mein 7-Jähriger hat die Übung richtig gut begriffen und bietet mir jetzt mehr und mehr richtig tolle Hankenbiegung an, was mir natürlich besonders gefällt. Nun geht aber etwas an Aktivität verloren, damit meine ich aber nicht Einbussen beim Fleiss. Den Takt kann ich gut erhalten. Aber er wird etwas träge in der Nachhand und bietet mir oft die Levade an oder will sich grundsätzlich hinausheben. Ich muss dazu noch sagen, dass ich die Übung oft ohne jeglichen Ausbinder mache, da es ihm leichter fällt, die Balance zu halten. Wie lässt sich die Nachhand zu mehr Engagement bewegen? Soll ich grundsätzlich mit mehr  Trab-Piaff-Übergänge arbeiten. Ich habe auch schon den Tipp bekommen, aus dem Rückwärts heraus anzupiaffieren. Mein Ziel ist es einfach eine ausdrucksstarke Piaffe zu erhalten. Haben Sie mir da einige Tipps? (Barbara Jäggi, 13.8.08)

Fritz Stahlecker:
Hankenbiegung
Wenn Ihr Pferd die Hankenbiegung anbietet, dürfen Sie dies als ein gutes Zeichen auffassen – Ihre Ausbildung geht in die richtige Richtung. Bei starker Hankenbiegung ist es ganz normal, dass sich die Piaffetritte etwas verkleinern. Es genügt ein Hub von einer Handbreite. Wichtig dabei ist, dass die Beine nicht zu langsam werden. Durch die schon jetzt angebotene starke Hankenbiegung erschwert sich Ihr Pferd zunächst die Bewegung.
Wenn Sie das Pferd bei der starken Hankenbiegung weitertreiben, ist es ganz natürlich, dass es sich anhebt, sei es in Richtung Levade oder Pessade. In der freien Natur folgt der Piaffelektion die Lancade, in der Reitbahn die Levade. Es wäre nicht gut, das Pferd von den Anhebungen durch Strafe abzuhalten. Ich empfehle Ihnen, aus der Anhebung eine Lektion zu machen. Znächst kommt es nicht darauf an, wie diese aussieht. Aus Steigen kann alsbald eine Pessade werden, bei einem begabten Pferd eine Levade. Sobald die Übung aufgenommen ist in das allgemeine Repertoire, wird sie nur noch auf Aufforderng ausgeführt. Dies ist nur eine Frage der Zeit. Die Anhebungen strengen viel mehr an als die kleinen Tritte.
Tritte im Vorwärts
Zu den Anhebungen wird es auch dann weniger kommen, wenn Sie die kurzen Tritte mehr im  Vorwärts verlangen und schon nach wenigen kurzen Tritten eine Pause  einschalten.
Ausbinder
Es ist auch ein gutes Zeichen, wenn Sie bei den Lektionen ohne Ausbinder auskommen. Ein gut piaffierendes Pferd bietet wie von selbst die gute Halshaltung an.
mehr Engagement bei der Nachhand
Ich habe den Eindruck, dass im Falle Ihres Pferdes Sie nicht nach mehr Engagement trachten sollten. Bei einem geringeren Versammlungsgrad fällt dem Pferd das Lernen leichter (siehe oben)
Übergänge
Man kann zu den Piaffetritten über den Schritt oder über den Trab kommen. Am besten wird es sein, wenn Sie den Weg wählen, der Ihrem Pferd am leichtesten fällt. Beim Übergang vom Trab zu den Piaffetritten darf es nicht dazu kommen, dass Sie zu sehr an den Leinen ziehen müssen. In der Regel pflegen wir parallel zueinander beide Übergänge.
Anpiaffieren aus dem Rückwärtsrichten
Auch dies ist bei der Handarbeit möglich – manche Pferde machen gerne mit, in diesem Falle ist die Übung empfehlenswert.
Ausdruck der Piaffe
Beim täglichen Üben ist mir eine losgelassene kleine Piaffe lieber als eine ausdrucksstarke – die verlange ich selten und bin dann um so sicherer, sie zu bekommen. Niemals jeden Tag bis zum Maximum gehen. Was einzig zählt, ist die Losgelassenheit. Die kurzen Piaffetritte nützen nur, wenn das Pferd dabei wirklich losgelassen ist und die Hinterbeine nicht versteift.“

Stichwort Ausbildung im Schritt

Was hat Sie zu dem Entschluss gebracht, Ihre Pferde in einer ersten Phase nur Schritt unter dem Reiter gehen zu lassen? (beziehe mich dabei s auf den Artikel im Reiterjournal „Lubersac, vergessenes Genie“). Bei meinen Pferden stelle ich immer wieder fest, dass sie sich mit Vorliebe im Trab bewegen und bis anhin habe wir auf jegliche Schrittarbeit (ausser den Pirouetten) völlig verzichtet und sind dem Beispiel der Hofreitschule gefolgt, die den Schritt ja erst am Ende der Ausbildung zu fördern beginnt. (Barbara Jäggi, 23.5.08)

Fritz Stahlecker:
Die HSH-Methode ist eine Methode, bei der dem Pferd Bewegungsabläufe bewusst gemacht werden sollen, es ist also vor allem eine geistige Lernarbeit, die das Pferd durchläuft. Es ist eine unbestrittene Erkenntnis, dass der Kopf nur lernen kann, nur dann aufnahmefähig ist, wenn das Pferd nicht durch langes Longieren und Bewegen bereits körperlich ermüdet oder aber nervlich „heiß“ gelaufen ist. Deshalb werden die schwierigsten Übungen und die neuen Elemente ganz an den Anfang gestellt und zwischen zwei bekannte Übungen verpackt. Insgesamt kann die Lernphase bei einem junge Pferd nicht länger als höchstens 20 Minuten dauern. Länger ist das junge Pferd nicht konzentrationsfähig. Daher ist auch ein fundamentales Element der Methode, dass sich das Pferd die notwendige Bewegung auf der Koppel holen können muss, oder aber in Notfällen, wenn es gar nicht anders geht, anschließend an die Lernphase noch bewegt werden muss.
Auch den Schritt kann man im Schritt verbessern, dazu gibt es spezielle Übungen. Zählschritt und Tempoübergänge können dabei helfen.
Wesentlich sind auch immer wieder die Pausen, die Verschnallpausen, in denen das Pferd verarbeiten kann, was gefordert wurde und in denen es wieder zur Ruhe kommt. Im Trab oder Galopp kann das Pferd nicht lernen.

Stichwort Handhaltung

Ist eine eher hohe Hand, die auf die Maulwinkel einwirkt für das Pferd nicht angenehmer als eine tiefe Hand, die das Gebiss auf die Laden drückt?
Wenn der Kandarenzügel zu sehr durchhängt, habe ich das Gefühl, dass die Bewegung, die durch sein Eigengewicht entsteht, dem Pferd auch unangenehm ist. (Simone Jäger, 21.6.07)

Fritz Stahlecker:
Eine höhere Hand ist zunächst einmal natürlich ästhetisch weniger ansprechend und dieser Gesichtspunkt ist nicht unwichtig. Und dann ist eine hohe Hand auch weniger ruhig als eine tief gehaltene. Die Kandarenstange soll auf die Zunge wirken, die Unterlegtrense auf die Lippen. Wenn das Pferd den Kopf zu hoch trägt, besteht die Gefahr, dass die Maulwinkel nach oben gezogen werden.
Kandarenzügel, die durchhängen und flattern, sind nicht ideal, aber für das Pferd kaum störend. Die träge Masse des Zügels wirkt sogar als Dämpfung. Um diese Dämpfung zu verbessern, war es zur Zeit der Barockreiterei üblich, den Kandarenzügel durch Verzierungen schwerer zu machen.

Stichwort: Kopf-/Halseinstellung

Ich habe nun noch eine Frage zur Rückenbemuskelung. Meine eine Stute (11 J.) hat leider kein gutes Exterieur, sie ist überbaut und hat ein gerades Hinterbein. Sie hat vermutlich deswegen Probleme mit der Hinterhand Gewicht aufzunehmen und bekommt auch rasch Rückenschmerzen. Ich meine nun, dass es für dieses Pferd wichtig ist, das der Rücken so gut wie möglich mitschwingt und sich möglichst Muskulatur aufbaut. Muss ich dann nicht auch im Trab und Galopp auf eine tiefere Kopf-Halseinstellung achten, damit der Rücken sich besser aufwölben kann? Ich möchte eigentlich am liebsten den Oberzügel ganz weglassen. (Heike Friedrichs aus Glattfelden, Schweiz, 24.7.07)

Fritz Stahlecker:
Lassen Sie sich nicht dazu verleiten, Ihr Pferd allzu tief einzustellen! Dies ist eine heutige Mode! Die Spannstation des Rückens ist die Kruppe. Das Becken sollte sich ein wenig neigen; in der Weise, dass der Schweifansatz eine Kleinigkeit tiefer kommt. Auf das Untertreten der Hinterbeine kommt es an und auf die Beugung ihrer Gelenke! Hinsichtlich Kopf und Hals empfehle ich eine mittelhohe Aufrichtung, die im Laufe der Zeit etwas mehr werden kann.
Achtung: ein sehr langer und tiefer Hals entlastet die Hinterhand bei Mehrbelastung der Vorderbeine! Genau dieses gilt es zu vermeiden!
Kleine Tempounterschiede in kurzen Intervallen helfen, die Hinterbeine zu mobilisieren, wobei sie vermehrt Last aufnehmen!
Achten Sie darauf, dass der Sattel nicht zu weit nach vorne kommt! Immer wieder zurücksatteln!
Herzliche Grüße FST

Stichwort: Hals kommt am Anfang zu tief

Meine hannoveraner Stute ist 3 1/2 Jahre alt und noch nicht angeritten. bei der korrekten Verschnallung der Unterzügel (maximale Länge) läuft sie mit der Nase im Sand, ich dahinter am langen Zügel (was natürlich problematisch ist, da sie so Gefahr läuft in die langen Zügel reinzutreten und der Effekt eine schöne Haltung einzunehmen findet so auch nicht statt).
Ich habe mit Schoko das Beinheben hinten gemacht, das Schließen hinten, ein bisschen spanischer Schritt, ich kann sie am langen Zügel auch von hinten führen, die Zügel drüberwerfen, sie kann seitwärts übertreten, rückwärtsrichten (Schritte verkürzen geht noch nicht so besonders) das alles klappt gut. sie ist auch bis jetzt kein Pferd, das durchstartet, sie ist eher verhalten, speziell wenn die Unterzügel hinzukommen. den Sattel kennt sie ebenfalls. (Ursula Sedlmayr, 10.11.07)

Fritz Stahlecker:
Es ist sogar gut, wenn das junge Pferd seinen Hals fallen lässt und sich nach unten dehnt! Die Nase soll dabei möglichst der vordere Punkt sein. Die Unterzügel sollten aber dabei nicht übermäßig lang eingestellt sein, so dass da Pferd nicht in sie hineintreten kann. Allenfalls kann es deswegen angezeigt sein, die Oberzügel ein wenig zur Wirkung zu bringen.
Zunächst empfehle ich Ihnen aber, die Longierleine durch den inneren Ring des Schulzaumes gehend in den inneren Zügelhalter, der in die Bügelaufhängung eingeschoben ist, einzuschnallen. Sie können dann durch kleine Paraden das Pferd davon abhalten, mit dem Kopf den Boden zu „pflügen“.
Erst später ist es angezeigt, das Pferd schrittweise etwas höher einzustellen.
Wenn Sie schräg hinter dem Pferd auf einem kleinen Kreis mitlaufen, verbessert sich Ihre Einwirkungsmöglichkeit, weil sich dabei die Zugrichtung der Leine, mit Rücksicht auf die kleinen Paraden, im Winkel vorteilhaft verändert. Wichtig ist das Animieren der Hinterbeine, weil das Pferd dann insgesamt seine Haltung verbessert.

Stichwort: Zügel verschnallen - starre Halshaltung

Hallo Herr Stahlecker
ich habe mit Genuß Ihre DVD Teil 1 gesehen und bin absolut begeistert und gerührt, wie sie als „alter Hase“ mit soviel Freundlichkeit und guter Absicht dem Pferd begegnen. Allerdings ist mir eine Sache sehr „aufgestoßen“: Der Oberzügel – auch wenn er nicht zum Pferdemaul führt – ermöglicht dem Pferd jedoch überhaupt kein Strecken und Entspannen der oberen Halsmuskulatur. Ein Laie, (oder auch Erfahrene Pferdemenschen) können daher leicht annehmen, das diese Sache so absolut ok ist und das Pferd eine ganze Zeitlang sich in solch einer Haltung befinden kann. Ich finde, das Sie den Hinweis bringen müssten, das nach ca. 5 min. (je nach Trainingsstand) für einen Moment der Oberzügel „ausgesetzt“ werden muß, um Entzündungen und Verspannungen in der HWS zu vermeiden. (Heike Gersthagen, 11.11.2007)
Fritz Stahlecker:
Sehr geehrte Frau Gersthagen,
Für Ihren Hinweis besten Dank. So habe ich die Gelegenheit, meine Auffassung ordentlich darzustellen und dabei sogar etwas weiter auszuholen.

  1. Besonders vom jungen Pferd darf man die Haltung der Versammlung nur während kurzer Reprisen verlangen. Fünf Minuten sind bereits die äußerste Grenze.
  2. Der Ausbilder muss bei der Handarbeit die Mühe für das ständige Verstellen der Zügel in noch so kurzen Zeitabständen bewusst in Kauf nehmen. Er wird bald erkennen, dass es dazuhin einen günstigen Nebeneffekt gibt. Die kleinen Zwangspausen beruhigen die Remonte! Es ist so wichtig, dass sie „kalt“ bleibt. Bei erhöhtem Pulsschlag kann sie nicht mehr lernen Ähnlich wie Kinder können sich junge Pferde nur ganz kurz konzentrieren. Auch von daher tun die Unterbrechungen gut.
  3. Ich bin in den letzten Jahren zur Einsicht gekommen, dass es keinen fix verschnallten Zügel geben darf, der zum Gebiss geht. Die dabei entstehende absolute Fesselung ist immer schädlich! Ein Gebisszügel muss zur Hand gehen. Mit Sicherheit ist die heutige Praxis des Longierens mit in den Trensenringen eingeschnallten Ausbindezügeln abstumpfend. Sie zwingt da Pferd, sich mit seiner Zunge gegen die Trense abzustützen. Zur Grausamkeit wird diese Verschnallung beim Voltigieren. Das Pferd kann nicht anders als sich aufs Gebiss zu legen! Auch das erwachsene und ausgebildete Pferd kann nur wenige Minuten in genau gleich bleibender Selbsthaltung gehen. Diese Tatsache wird heute fast allgemein missachtet.
    Das Resultat sind verdorbene Pferdemäuler! Allerdings bewirkt die Abstumpfung im Laufe der Zeit eine Verringerung der Schmerzempfindlichkeit. – Es ist leider so, dass das heutige Longieren den Weg zur Leichtigkeit verschüttet. Und dies ohne Wissen der Ausbilder.
  4. Ich hatte Gelegenheit hierüber mit Rainer Klimke zu sprechen. Er sagte mir, sein Geheimnis sei auch während der Prüfung das Zügelmaß der Versammlung „atmen“ zu lassen. Nur so sei es dem Pferd möglich, leicht zu bleiben und sich während der ganzen Dauer der Prüfung selbst zu tragen. Unter „atmen“ verstand er schon kleine Veränderungen von nur wenigen Zentimetern. Mit einem kleinen Lächeln fügte er hinzu: Die Herren Richter merken gar nicht, dass die Selbsthaltung meines Pferdes ständig variiert.
  5. Manche Reiter wollen dem Pferd mit dem Gebiss eine Abstützung geben. Diese unsinnige Vorstellung führt nicht in die Légèreté, sondern im Gegenteil zum abgestumpften, mechanisierten Pferd. Für eine Abstützung ist kein Gebiss geeignet. Die Zunge dürfen wir nur für die Übermittlung feiner Handzeichen beanspruchen.
  6. Aus all dem wird ersichtlich, wie wichtig ein weich gepolsterter Schulzaum für die Grundausbildung ist. Die Nase des Pferdes ist weniger empfindlich. Mit ihr „schubsen“ die Pferde einander. Somit darf auch der Ausbilder der Nase deutlich sagen, was er will. Ein kleiner Ruck mit dem Kappzaum ist pferdegerecht.
    Das von Ihnen angeschnittene Thema ist von akuter Bedeutung. Es gilt noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.
    Beste Reitergrüße
    Fritz Stahlecker