bildbetrachtungZusammen mit einem groß aufgemachten Bericht über die neuen Kräfteverhältnisse im Dressurviereck erschien in einer namhaften Zeitung das Bild eines bekannten Dressurpferdes. Es verdient besondere Beachtung, weil es die unglückliche Situation der heutigen Dressurreeiterei offenbart.

Im Folgenden wird nur auf die reiterlicen Verstöße eingegangen, die uns zumeist noch nicht genügend bewusst sind. Dass die Haltung des Pferdes nicht den „Richtlinien“ entspricht, erkennt der Amateur.

1. Die Kinnkette
Sie ist zu lang eingestellt. Ihre Haken drücken unkontrollierbar gegen die Unterlegtrense, wodurch deren von der Kandare unabhängige Betätigung fraglich wird. Die Zugrichtung der Kette entspricht dazuhin nahezu der Richtung der Kandarenbäume, wobei sich ihre Zugbelastung drastisch erhöhen kann. Die geometrischen Verhältnisse können so schwerlich sauber und klar sein.

2. Handhabung der Gebisskombination
Wenigstens zum Zeitpunkt der Aufnahme behandelt der Reiter die Kandarenzügel in gleicher Weise wie die der Trense. Dies ist grundsätzlich falsch, weil die beiden Gebisse – Stnge und Trense – eine unterschiedliche Funktion erfüllen sollen.

3. Lage des Trensengebisses
Dieses ist einseitig weit aus dem Maul heruasgezogen. So reitet ihr Gelenk auf dem rechten Zungenrand. Diesr wird zwischen Lade und Gebiss schmerzhaft geklemmt. Der rechte Maulwinkel ist weit nach oben gezogen. Dies bei extrem verlängerter Maulspalte.

4. Übersetzung der Kandare
Wenn so wie bei dieser Momentaufnahme die Richtung der Kinnkette mit der des Oberbaums nahezu übereinstimmt, verkürzt sich diser in seiner praktischen Wirkung drastisch. Die Wirkungslinie der Kinnkette nähert sich dem Zentrum der Stange bis auf wenige Milllimeter. De facto kann sich der rechnerisch gültige Oberbaum sow ei bei diesem Beispiel auf ca. 15 mm verkürzen. Die Kandare ist dann viel schärfer als sie aussieht. Bei falscher EInstellung und hohen Händen kann aus ihr leicht ein Marterinstrument werden!

5. Druckrichtung der Kandarenstange
Die durchfallende, verdrehte Kandare hat einen weiteren Nachteil. Sie wirkt nicht im ideal gedachten rechten Winkel auf die Zunge. Sie übt auf diese einen Schub nach oben aus. Es darf nicht verwundern, dass viele Pferde diesem folgend mit hochgezogener und somit verkrampfter Zunge gehen. Wenigstens erhöht sich durch die verfälschte Druckrichung der von den Kieferästen aufzubringende Gegendruck und damit die Belastung der Zunge begrächtlich. Die Laden sind als Teil eines Hebels zu sehen, desssen Drrehachse das weit oben liegende Kiefergelenk ist.

5. Nasenriemen

Er ist erkennbar zu eng angezogen, wodurch sich die Dominanz des Gebisses auf unzulässige Weise erhöht.

Zusammenfassung der Bildbetrachtung

Der Sinn der Kandare darf heute nicht mehr die Dominanz durch Schmerz und Gewalt sein. Dabei ist zu sehen, dass sie weitgehender als jedes andere Gebiss das ideale Gegenteil sein kann, übersetzt sich doch den Weg der Hand ins Kleine. Das Bild zeigt, wie weit wir noch immer von ihrem guten Gebraucht entfernt sind. Die Kombination von Trense und Kandare ist eine geniale Erfindung. Es wird Zeit, dass wir sie mit dem Ziel der reiterlichen Lègèrete und der Pferdegerechtigkeit zur Geltung bringen. Hat nicht schon de la Guernière treffend konstatiert, dass eine gute Hand durch die Kandare noch besser wird? Uns lehrt leider die Erfahrung, dass eine schlechte noch schlechter wird!
Unser technisches Wissen sowie die heute bestehenden Möglichkeiten der Messtechnik setzen uns in die Lage, die heute gebräuchlichen Kandaren in ihrer Wirkung zu optimieren. Hierbei soll es einzig darum gehen, den Effekt der Verkleinerung der Bewegungen unserer Hände zur bestmöglichen Geltung zu bringen.